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Von Dillenburg nach Brugg

Die Heimreise ist etwas unkomplizierter als Anreise. Wobei Christof vor einer Woche fluchen musste, da die Deutsche Bahn ihm per E-Mail mitteilte, dass unser Zug von Dillenburg nach Frankfurt am Main ausfällt. Wir fahren deshalb bereits um 8.31 Uhr in Dillenburg los, anstatt wie geplant eine Stunde später.

Der Bahnhof Dillenburg ist sehr heruntergekommen, aber vor dem Bahnhof gibt es eine gepflegte Wiese mit einer grossen Stele, Informationstafel und Rastplatz, denn dort endet beziehungsweise startet der Rothaarsteig.

Das Symbol des Rothaarsteiges als Skulptur

Die Heimreise gestaltet sich extrem unspektakulär. Zuerst bummeln wir in einer Dreiviertelstunde nach Giessen. Dort wird unser Zug „vereinigt“, also mit seiner zweiten Hälfte zusammengekoppelt, die von Treysa gekommen ist. Mit wenigen Halten fahren wir in einer weiteren Dreiviertelstunde nach Frankfurt am Main. Von dort haben wir einen ICE mit praktisch leerer 1. Klasse nach Basel, der ebenfalls pünktlich fährt. Noch einmal steigen wir um und erreichen Brugg um 15 Uhr.

Der Rothaarsteig hat uns ausgesprochen gut gefallen, und mit nur einem Regentag und idealen Temperaturen hatten wir viel Wetterglück. Es folgen nun noch ein paar Fotos, die es bisher nicht in die Beiträge geschafft haben.

Das Wald-Ruhrkraut, eine Pflanze, die ich nächstes Jahr kennen sollte, wenn ich das 600er-Zertifikat machen will …
Vollpfosten …
Man kann schlecht verloren gehen auf dem Rothaarsteig.
Wie Landesgrenze?
Christof im Besenginster.
Der Automat für Wurst- und Fleischnotfälle.
Das Huhn.

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Rothaarsteig Etappe 8 von Wilgersdorf nach Dillenburg

Ruhig war’s letzte Nacht; kein Wunder, wir sind die einzigen Gäste im Haus, das 44 Zimmer umfasst. Im grossen Speisesaal ist für uns aufgedeckt, der Wirt hat das komplette Frühstücksbuffet bereit gestellt und macht extra ein riesiges Rührei für uns.

Wohlgenährt ziehen wir los. Für den Zustieg zum Rothaarsteig wählen wir eine direkte Route, die uns ins Schwitzen bringt. Es ist jetzt schon sehr schwül und wegen der Feuchte ziehen Nebelschwaden vorbei, oder ist das tiefhängende Bewölkung? Die Rotorblätter der nahegelegenen Windkraftanlage sieht man kaum im Nebel.

Hochnebel oder tiefhängende Bewölkung.
Nebel oder tiefhängende Bewölkung.
Windkraft, gut getarnt.
Windkraft, gut getarnt.

Die Wanderwege sind vom gestrigen Niederschlag nass, das Gras ist niedergedrückt. Trotz Goretex-Membran werden unsere Schuhe, Socken und Füsse nass, und sie bleiben es bis Dillenburg.

Nasse Graspfade führen zu ...
Nasse Graspfade führen zu …
... nassen Schuhen.
… nassen Schuhen.

Die Streckenführung ist heute zu Beginn etwas komplizierter als sonst, denn in der Nähe von Wilgersdorf verzweigt sich der Rothaarsteig in zwei gleich markierte Äste, die als östlicher „Hauptweg“ und als westliche „Westerwaldvariante“ beide nach Dillenburg führen. Zudem sind noch diverse Zustiegsrouten signalisiert. Wir biegen in die Hauptvariante ein, die uns in einem dauernden leichten Auf und Ab durch den Wald zur imposanten Lucas-Eiche und weiter nach Rodenbach führt, einem kleinen Dörfchen, das mit seltsamen Anschlägen an einem Scheunentor, schönen Fachwerkhäusern, einem Bahnübergang und einer Brücke über die Dill aufwartet.

Scheunentor in Haiger-Rodenbach mit seltsamen Ankündigungen.
Scheunentor in Haiger-Rodenbach mit seltsamen Ankündigungen. („Osteoporose Symposium Hörsaal 3“, „Die Süßigkeiten befinden sich zur Zeit im Müller-Milch-Kühlschrank“, „Wartezone für Blutdruck- und Pulskontrolle“)
Gleich gegenüber findet sich ein schönes Fachwerkhaus.
Gleich gegenüber findet sich ein schönes Fachwerkhaus.

Nach Rodenbach steigt der Weg steil und direkt an, wir schwitzen wie die Rennpferde. Also Pause! Bei einer schönen Waldhütte rasten wir, und Brige verzehrt ihr erstes und einziges Leberwurst-Sandwich auf dieser Tour mit grösster Freude. Grösste Freude an uns haben auch die Mücken, wir müssen sofort zu Diethyltoluamid DEET (Anti-Brumm) greifen, um der Plage Herr zu werden.

Letzte Mittagsrast.
Letzte Mittagsrast.

Nach der Rast geht’s steil hinunter nach Manderbach, ins Tal des Flüsschens Dietzhölze, wo wir an drei schönen Schwarzerlen vorbeiwandern.

Drei Schwarzerlen bei Manderbach.
Drei Schwarzerlen bei Manderbach.

Auf der anderen Talseite stossen wir beim nächsten Anstieg auf eine interessante Ansaat. Da sind in Längsstreifen abwechselnd Kartoffeln und Blühstreifen angesät, wir haben keine Ahnung, wie das genau funktioniert. Vermutlich sind das Einsaatbrachen, damit sich der Boden erholen kann. Jedenfalls ist es schön anzusehen.

Interessante Bepflanzungen.
Interessante Bepflanzungen.

Beim Aufstieg hoch zum Galgenberg schwitzen wir weiter, obwohl es immer noch bewölkt ist. Die Luft ist zum Schneiden feucht. Das klebrige Gemisch aus Sonnencrème, Anti-Brumm und Schweiss ist das Markenzeichen jedes engagierten Sommer-Wandernden …

Beim ersten Abstieg nach Dillenburg passieren wir den Kilometrierungsstein 150 km. Also nur noch 5 Kilometer bis zum Ziel.

Der 150er! Das Ziel ist nahe!
Der 150er! Das Ziel ist nahe!

Nur noch über die Strasse, und dann sind wir da. Denkste … Diese letzten fünf Kilometer haben es in sich, denn es geht noch zweimal 100 Meter hoch und wieder runter. Wäre Dillenburg ein Zifferblatt, dann wandern wir von 10 Uhr bis 15 Uhr, bevor wir endgültig in die Oranierstadt absteigen. Unterwegs bieten sich vom Adolfshöhe-Pavillon und dem Bismarck-Tempel wunderbare Blicke auf die Stadt und das Schloss Dillenburg mit dem Wilhelmsturm.

In der Industriezone.
Hier über die Strasse. In der Industriezone.
Blick auf die Dill.
Schon wieder die Dietzhölze.
Blick auf die Dillenburg mit Wilhelmsturm.
Erster Blick auf die Dillenburg mit Wilhelmsturm.
Der Adolfshöhe-Pavillon.
Der Adolfshöhe-Pavillon.
Bei der Adolfshöhe.
Bei der Adolfshöhe.
Ein besserer Blick auf die Dillenburg mit dem Wilhelmsturm.
Vom Bismarck-Tempel aus hat man einen noch besseren Blick auf Dillenburg und die Dillenburg mit dem Wilhelmsturm.

Als wir nach dem Abstieg vom Bismarck-Tempel das Ufer der Dill erreichen, werden wir von Otto von Bismarck persönlich begrüsst. Um die Standfestigkeit von Bismarcks ist es schlecht bestellt; die Haltebolzen sind durchgerostet, die Statue wackelt und hat sich mehrere Zentimeter Richtung Fluss bewegt. Vor einigen Jahren hat man deshalb von Bismarck mit Spanngurten am Sockel festgeschnallt, um das Schlimmste zu verhindern.

Otto von Bismarck, Dillenburger Ehrenbürger.
Otto von Bismarck, Dillenburger Ehrenbürger.

Wir betreten müde, aber zufrieden die Fussgängerzone in Dillenburg und wenden uns nicht links dem Hotel zu, sondern auf Briges dringenden und mit Nachdruck vorgebrachten Wunsch rechts dem Café Mampe, wo wir uns mit Cappuccino und Kuchen stärken.

Dillenburg hat eine kleine hübsche Altstadt, es ist wenig los, kaum Touristen, schon gar keine Wanderer, viele Läden sind geschlossen, weil Montag ist. Im Hotel werden wir wieder zu normal riechenden Mitmenschen. Nachtessen gibt’s im „The Original Beef“ an einem Aussensitzplatz in der Altstadt, den wir nach einer halben Stunde blitzartig verlassen müssen, weil auch heute ein Wolkenbruch niedergeht. Wir flüchten ins Innere und schmunzeln, weil wir den ganzen Wandertag heute keinen Regentropfen gesehen haben!

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In der Nacht hat es geregnet, aber am Morgen sieht das Wetter gut aus. Eigentlich sollte es halten, bis wir in Wilgersdorf angekommen sind. Die Etappe wird mit fast 20 Kilometer wieder eher lang, deshalb mache ich mir am Morgen ein „Big-Mac-Sandwich“: eines mit drei Lagen Brot und zwei Schichten Käse.

Pünktlich um 8.30 Uhr laden wir unsere Koffer und Rucksäcke in den Hotelbus und Herr Leyener fährt uns auf den schmalen Strassen, die wir bereits von gestern kennen, zurück zur Lahnquelle beziehungsweise zum Wanderweg kurz davor – sehr komfortabel; wir können gleich da weitermarschieren, wo wir gestern aufgehört haben. Es geht auch ebenso schön weiter.

Am Sonntagmorgen allein auf weiter Flur

Die heutige Etappe verläuft viel in der Höhe. Zuerst umrunden wir den Jagdberg, wo man hin und wieder Aufforstungen entdeckt.

Anstelle der Fichten wurden Laubbäume angepflanzt.

Bald erreichen wir die Ilsequelle; die Ilse ist ein Nebenfluss der Lahn. Diese Quelle ist rudimentär gefasst, und wir erfahren, dass sie bereits im Mittelalter als „Heilige Ilsequelle“ bekannt war und zu den bekanntesten Heilquellen Mitteleuropas gehörte.

Ob die Heilquelle auch gegen Blasen an den Füssen hilft?

Anschliessend folgt ein langer Abschnitt auf dem Kammweg über die Haincher Höhe, der immer wieder prächtige Ausblicke bietet.

Viel Landschaft und wenig Mensch

Und schon geht es wieder etwas bergab, wo die nächste Quelle wartet: die Dillquelle. Hier erwartet uns wieder ein Mini-Wässerchen, aber dafür ein sehr schöner Rastplatz, den wir gleich nutzen, um unser Mittagessen zu verzehren.

Hier entsprudelt die Dill, ein Nebenfluss der Lahn.

Dann steigen wir wieder etwas höher und wandern über die Tiefenrother Höhe, wiederum mit schönem Panoramablick. Seit dem späten Vormittag haben wir immer mehr Leute angetroffen, die wandernd, spazierend (zum Teil mit Hunden) oder auf dem Mountainbike unterwegs sind. Auch Beeren werden gesammelt. Aber nun nehmen die Mountainbiker plötzlich überhand und kommen uns in Scharen entgegen. So viele aktive Menschen haben wir die ganze Woche nicht gesehen! Es ist aber auch schön hier.

Auf der Wilgersdorfer Höhe würden wir auch gerne biken!

Unser Hotel liegt ausserhalb von Wilgersdorf, aber trotzdem ist der Zustieg gute anderthalb Kilometer lang. Wir sind langsam verschwitzt und müde, denn das Wetter wird immer bewölkter und tüppiger. Als wir im Hotel ankommen, erfahren wir, dass wir einmal mehr die einzigen Gäste sind, und das Hotel ist wirklich gross mit Sauna und Hallendbad. Es wird aber offenbar mehr während der Woche von Geschäftsleuten genutzt.

Hier noch der Rastplatz an der Dillquelle, weil er so schön war.

Abendessen bekommen wir keines; das Restaurant hat zu. Wir können entweder etwas bei einen Lieferdienst bestellen oder noch einen Kilometer ins Dorf hinunterlaufen und beim „Grill & Pizzahaus“ etwas essen. Das tun wir natürlich. Wir setzen uns dort auf die Terrasse, und als wir anfangen den „Drehspiessteller komplett“ beziehungsweise die „Pizza Spinat“ zu verspeisen, hören wir Donnergrollen. Dann regnet es ein bisschen. Dann ziehen sehr schwarze Wolken auf und es entlädt sich ein heftiges Gewitter. Wir flüchten ins Innnere des Lokals, trinken Kaffee und warten, bis der Regen nachlässt. In dieser Dreiviertelstunde kommen Unmengen von Leuten vorbei (natürlich alle mit dem Auto), um ihre Bestellungen abzuholen: Döner, Pizza, Pommes, Currywurst, Schnitzel, Nudeln, Salat … alles, was der deutsche Magen begehrt.

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„Türme und Quellen“ ist das Motto der heutigen Etappe. Da wir gestern eine kurze Schleife am Schluss der Etappe versehentlich nicht gewandert sind, holen wir das heute Morgen nach. Ein kurzer Aufstieg führt uns auf die Ginsburg, die vom Raubritter Hans Hübner für seine Überfälle auf die Handelsreisenden genutzt wurde. Zu Hans Hübner nur so viel:

Ein Auge nur noch hatte er;
mit dem da blickte er umher
aus seinem Räuberneste
.

Vom Turm aus hat man eine tolle Fernsicht. Heute sowieso, denn der Himmel ist endlich richtig blau! Statt auf einer langweiligen Panoramatafel sind die Namen der wichtigsten Sehenswürdigkeiten direkt auf der Brüstung angebracht. Etwa die berühmte Siegtalbrücke.

Die Ginsburg.
Die Ginsburg.
Blick zur Siegtalbrücke.
Blick zur Siegtalbrücke.

Wir steigen hinunter und gleich wieder hoch zum Giller-Turm. Der ist deutlich moderner (Baujahr 1892), 72 Stufen hoch und bietet einen noch besseren Rundblick. In der Ferne erkennen wir einen der vielen Windparks. Ich bin begeistert; das wird ein toller Wandertag heute.

Der Giller-Turm.
Der Giller-Turm.
Blick vom Giller-Turm.
Blick vom Giller-Turm.

Dann passieren wir die sogenannte Liftschänke am Fuss des Pfaffenhains; das ist die ehemalige Bergstation des Skilifts hier. Hier wird kräftig gebaut. Zum Skilift erfahren wir später noch mehr.

Skilift. Nicht mehr in Betrieb.
Skilift. Nicht mehr in Betrieb.

Die Route führt uns nach Lützel, wo wir beim Bahnhof, der nur ein Wartehäuschen ist, die Gleise überqueren. Kaum sind wir auf der anderen Seite, taucht auch schon die Rothaarbahn auf. Es sieht aus wie Swissminiatur …

Beim Bahnübergang. Brige ist begeistert!
Beim Bahnübergang. Brige ist begeistert!
Die Rothaarbahn kommt.
Die Rothaarbahn kommt.

Jetzt biegen wir ins Edertal ein, das wir bis zur Quelle hoch abwandern werden. Ein wunderbar wildes naturbelassenes Tal, und wir sind einmal mehr mutterseelenalleine unterwegs. In der Nähe der Quelle verspeisen wir die Wegzehrung und blicken ins Grüne.

Im Edertal.
Im Edertal.
Die Quelle der Eder.
Die Quelle der Eder.

Was hier als Hangschuttquelle des Quellmoores Ederbruch an die Oberfläche dringt, fliesst fast bis nach Kassel. Wasser bleibt ein Thema heute. Kurz vor der zweiten Rast passieren wir drei alte eingewachsene landwirtschaftliche Zisternenwagen.

Ohne Kommentar.
Ohne Kommentar.

Den Windpark, den wir schon vom Giller-Turm ausmachen konnten, sehen wir nun aus naher Distanz. Die Anlage umfasst vier grosse Windräder und ist fürstlicher Abstammung. Das Unternehmen Wittgenstein Wind mit dem Geschäftsführer Karl Albrecht Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg zeichnete verantwortlich für die Realisierung des Windparks im Jahr 2023. Aber auch in Deutschland ist das Verhältnis der Bevölkerung zur Windenergie, nun, ambivalent.

Windpark Benfe/Volkholz.
Windpark Benfe/Volkholz.
Vor wenigen Tagen in Winterberg.
Vor wenigen Tagen in Winterberg.

Nun denn, verlassen wir das kontroverse Thema und widmen uns schöneren Themen, etwa der Waldwirtschaft. Hier in der Nähe von Großenbach wurde abgeholzt. Ui …

Rodungen bei Großenbach.
Rodungen bei Großenbach.

Wir sind noch einige Quellen schuldig. Zuerst die Quelle der Sieg, die der Gegend hier den Namen Siegerland gegeben hat. Dann die Quelle der Jlm. Beides keine grossen Wasserspender, und Brige verwirft die Idee, ein Bad in der Quelle der Jlm zu nehmen.

Kaltes Wasser der Sieg.
Kaltes Wasser der Sieg.
Hinweistafel zur Jlm-Quelle.
Hinweistafel zur Jlm-Quelle.
Hüstel – wo genau ist das Jlm-Quellwasser?
Hüstel – wo genau ist das Jlm-Quellwasser? (Bein: Brige)

Und zu guter Letzt die Quelle am Zielort: die Lahnquelle. Die Lahn kennen wir schon von früheren Wanderungen; sie fliesst durch Hessen und Rheinland-Pfalz und mündet etwas nördlich von Koblenz bei Lahnstein in den Rhein. Die Quelle ist ein schön gelegener Teich, der allerdings heute etwas morastig aussieht und etwas modert.

Die Lahnquelle.
Die Lahnquelle.

Die Lahnquelle ist der Zielort unserer Tagesetappe. Mit dem Hotel, in dem wir zwei Nächte verbringen, haben wir vereinbart, dass sie uns hier abholen kommen. Man könne hier gut warten und im direkt neben der Quelle gelegenen Gasthof Forsthaus Lahnquelle im Garten bei Kaffee und Kuchen oder Bier die Wartezeit überbrücken. Die Situation hier ist allerdings ziemlich absurd, der Gasthof hat diese Woche geschlossen, weil man im Urlaub sei. Wir sind wohl in einer der touristischen Spitzenwoche, denn Holland hat Urlaub und Nordrhein-Westfalen auch. Jetzt in den Urlaub gehen? Kann man machen …

Dauernd biegen Fahrzeuge auf den Parkplatz ein, die Leute können es nicht fassen, dass geschlossen ist. Auch viele Motorradfahrer halten an, ebenso Rennrad- und Mountainbike-Fahrer und weitere Wandervögel stranden hier; es ist wirklich absurd.

Gasthof Forsthaus Lahnquelle ist ...
Der Gasthof Forsthaus Lahnquelle ist …
... leider im Urlaub.
… leider im Urlaub.
Entgangene Einnahmen.
Entgangene Einnahmen.

Eine halbe Stunde später biegt die Chefin vom Hotel Ginsberger Heide auf den Parkplatz ein und transportiert uns zurück. Unterwegs unterhalten wir uns angeregt, und sie erzählt uns, dass früher die Winter hier noch richtige Winter gewesen seien. Im Umkreis von 50 Kilometern hätten alle Leute am Skilift bei ihrem Hotel skilaufen gelernt (genau: die Liftschänke am Pfaffenhain. Der Autor). Die schmalen Landstrassen zwischen der Lahnquelle und dem Hotel sind spektakulär, und wir geniessen nochmals die Ausblicke ins Siegerland.

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Auch beim Frühstück sind wir logischerweise allein, aber das Buffet würde für dreimal mehr Leute reichen, so grosszügig hat Frau Schwermer für uns aufgetischt. Also hauen wir zünftig rein; es schmeckt hervorragend. Wir schmieren uns auch wieder zwei Sandwiches für die Mittagspause.

Am frühen Morgen herrschte dicker Nebel, aber der lichtet sich, als wir loslaufen, und die Sonne guckt zwischen den Wolken durch. Wir wandern heute durch einige Naturschutzgebiete, als erstes geht es zum Schwarzbachtal hinab. Auf dem Weg dorthin begegnen uns drei Fahrzeuge des „Landesbetriebes Wald und Holz NRW“. Ein Fahrer hält neben uns an und bittet uns Meldung zu machen, falls wir eine tote Wildsau finden oder „wenn es irgendwo komisch riecht“. Klar, machen wir. Die Afrikanische Schweinepest ist wirklich ein ernstzunehmendes Problem hier.

Die armen Schweine.

Wir finden zum Glück kein totes Schwein, sondern sehen viele hübsche Pflanzen und Pilze.

Dieser Hörnling ist zwar klein, leuchtet aber durch den ganzen Wald.

Es hat auch wieder viele Himbeeren und Heidelbeeren, eigentlich müsste man ein Körbchen dabei haben und sammeln.

Heidelbeeren (Vaccinium myrtillus) – aus unerfindlichen Gründen muss ich gerade an den Heidelbeerkuchen im Restaurant Hahnensee denken …

Wir queren das Schwarzbachtal und steigen hoch zu den Naturschutzgebieten Haberg und Heinsberger Heide. Noch bevor wir oben sind, entdecken wir einige Orchideen.

Die Gefleckte Fingerwurz (Dactylorhiza maculata)

Dann erwartet uns das altbekannte Bild eines „kahlen“ Bergrückens, also die Fichten sind verschwunden, dafür wachsen viele Gräser und die altbekannten Pionierpflanzen wie Himbeere, Roter Holunder, Vogelbeere, Weidenröschen und Besenginster. Mir gefällt das sehr, es wirkt wild. Neu entdecken wir hier auch den Rainfarn mit seinen goldgelben, tellerförmigen Blütenköpfchen.

Tanacetum vulgare

Auf dem Gipfel (673 m) steht der „Herrenstein“, und wir müssen uns gründlich mit Antibrumm einsprayen, denn die Bremsen sind heute „sehr entgegenkommend“, wie ein deutscher Wanderer meint, den wir schon ein paar Mal angetroffen haben.

Nun geht es gemütlich abwärts Richtung Hilchenbach-Lützel, wo unser Hotel zwischen den beiden Ortsteilen mitten im Grünen steht.

Das ist ein Empfang!

Obwohl wir unterwegs noch Mittagspause machen, sind wir bereits kurz nach ein Uhr da und setzen uns alsbald auf die Terrasse und gönnen uns einen Eiscafé. Es muss ja nicht jeder Tag anstrengend sein. 🙂

Ich denke, das ist ein Tagpfauenauge.
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Eine allzu große Macht stürzt durch ihre eigene Masse.
Eine allzu grosse Macht stürzt durch ihre eigene Masse (Martin Luther).

Mit einem Zitat von Martin Luther, das nichts an Aktualität verloren hat, werden wir heute auf den Weg geschickt. Das Wetter ist gut, leicht bewölkt, frisch, aber nicht zu frisch, so dass ich mit den kurzen Hosen wandern kann. Wir verlassen den Landschaftgasthaus Schanze, wo wir die einzigen Gäste waren. Der Wirt hat uns gestern und heute auf das Beste umsorgt.

Auf dem ersten Abschnitt unserer Etappe finden sich verschiedene riesige Skulpturen, die uns gut gefallen. Etwa ein Felsbrocken von 150 Tonnen Gewicht in einem massiven Gehege von Nils-Udo. Wir wundern uns, wie das alles wohl hierher geschafft worden ist.

Stahlskulptur „Kein leichtes Spiel“, Ansgar Nierhoff
Stahlskulptur „Kein leichtes Spiel“, Ansgar Nierhoff
Skulptur „Stein-Zeit-Mensch“, Nils-Udo
Skulptur „Stein-Zeit-Mensch“, Nils-Udo
AS
Mehr davon hier.

Dann endlich kommt die von Brige schon so lange ersehnte Hängebrücke bei Kühude. Durch die Bäume kann man sie erahnen. Wir sind sprachlos, weil das Teil so klein ist. Gut, wir sind uns vom Lechweg andere Kaliber gewohnt. Natürlich wird die Brücke trotzdem beschritten.

Schmunzeln müssen wir auch über die Wanderwegweiser, die seit gestern wie Bushaltestellenanzeigen im Wald aussehen. Wichtig: der gewiefte Wanderer ignoriert die Richtung der Tafeln und folgt dafür den schwarzen Pfeilen auf der Tafel.

Wanderwegweiser.
Wanderwegweiser.

Der Rothaarsteig gabelt sich heute in eine Tal- und eine Kammvariante. Wir folgen letzterer und freuen uns über den schönen Weg!

Was für ein prachtvoller Anblick.
Was für ein prachtvoller Anblick.

Etwas später wird es garstig. Links neben dem Wanderweg ist ein Streifen von rund zwei Metern Breite brachial gemäht und gerodet, der Boden ist bearbeitet und Pfosten für einen Zaun sind gesetzt. Die Holzpfosten sitzen bombenfest. Die schweren Maschinen, die dazu notwendig waren, haben tiefe Spuren hinterlassen. Wir marschieren etwa zwei Kilometer lang auf einer weichen Morastspur mit vielen Pfützen. Aber das frische Holz riecht gut.

Noch sieht es gut aus.
Noch sieht es gut aus.
Aber jetzt wird es hässlich.
Aber jetzt wird es hässlich.

Öfters sehen wir eine von Briges Lieblingspflanze, das Wald-Springkraut (Impatiens noli-tangere).

Rühr mich nicht an!
Rühr mich nicht an!

Rastplätze hat es auch heute genug, und auf jedem Bank, jeder Hütte, jeder Rastgelegenheit wird auf die Afrikanische Schweinepest aufmerksam gemacht. Im Hochsauerland, wo wir uns befinden, haben die Behörden heute die Massnahmen massiv verschärft, es werden Anlässe abgesagt, es dürfen keine grösseren Gruppen den Wald betreten, aus Angst, dass befallene Wildschweine aufgeschreckt werden und sich in andere Gebiete bewegen. Als wir in der Nähe vom Weiler Jagdhaus rasten, hält in der Nähe ein Jeep, der Fahrer, der wie ein Ranger aussieht, kommt direkt auf uns zu und erklärt, er sei Journalist vom WDR und erhebe die Stimmungslage der Bevölkerung zur Schweinepest und ob er ein kurzes Interview mit mir führen dürfe? Darf er. Er lichtet mich ab, und macht sich eifrig Notizen.

Der Rothaarsteig ist gut markiert, man kann die Route praktisch ohne Karte begehen. Alle 5 Kilometer zeigt eine Basaltstele, wie weit wir schon gewandert sind. Hier der Blick von vorn:

Schon 80 km!
Schon 80 km!

Und der Blick zurück:

Nur noch 75 km!
Nur noch 75 km!

Richtig! Wir haben die Mitte unserer Tour bereits überschritten. Schade eigentlich, denn es gefällt uns ausnehmend gut hier!

Kurz nach 15 Uhr erreichen wir unseren Etappenort in der Gemeinde Oberhundem im nordrhein-westfälischen Kreis Olpe. Es handelt sich hier um das grösste Wintersportgebiet nördlich der Alpen, imfall!

Im Wintersportgebiet.
Im Wintersportgebiet.

Wir sind untergebracht im Rhein-Weser-Turm. Ein höchst interessantes Gebäude: unten Gaststätte und darüber ein Turm. Auch hier sind wir die einzigen (!) Gäste heute. Wegen eines Anlasses ist die Gaststätte geschlossen, Frau Schwermer erwartet uns aber, und lässt die Türe extra offen. Wir werden sehr herzlich empfangen, gut umsorgt und extra bekocht.

Den Aufstieg in den Turm lassen wir uns nicht nehmen, aber die 24 Höhenmeter spüren wir in den Oberschenkeln. Auch heute werden wir gut schlafen …

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Heute dräut ein Regentag, und wir planen, in einem Restaurant zu Mittag zu essen. Sicherheitshalber kaufen wir aber doch noch zwei Laugensandwiches in einer Bäckerei, bevor wir Winterberg verlassen. Es beginnt wettermässig gar nicht so schlecht. Es ist zwar komplett bedeckt, aber es regnet nur ab und zu und nur wenig. Hin und wieder den Schirm aufzuspannen, ist ja nicht so schlimm. Also dieses Winterberg ist wirklich interessant. Wir laufen mitten durch das Skigebiet, und es hat nicht nur viele Lifte, sondern auch eine Sprungschanze, eine Biathlon-Anlage, diverse Flowtrails sowie Sommer-Rodelbahnen. Los ist allerdings nicht viel, was bei diesem Wetter auch nicht verwundert.

„Die Schanze“ – das Selbstverständnis ist gross …

Unser Weg führt um die Schanze herum zwischen diversen Liften und Pistenbeizen hindurch, und vor lauter Gucken verpassen wir eine Abzweigung, was uns einen Umweg von einem Kilometer beschert. Der führt uns dafür an einer schönen Orchideenwiese vorbei sowie an den Überresten eine Sprungschanze aus dem Jahr 1959.

Nur noch 100 Kilometer bis zum Ziel in Dillenburg.

Als nächstes passieren wir die Biathlon-Anlage, wo tatsächlich jemand auf Rollskis trainiert. Auf dem Kurweg geht es weiter Richtung Kahler Asten. Mit 841,87 m ü. NHN ist er der dritthöchste Berg im Rothaargebirge und besitzt ein Restaurant mit Aussichtsturm. Leider beginnt es während des Aufstiegs heftig zu regnen und zu winden, so dass wir die hübsche Zwergstrauchheide mit den vielen reifen Heidelbeeren nur wenig bewundern können. Da freuen wir uns um so mehr auf das Restaurant …, das heute Ruhetag hat. Fluchend machen wir uns an den Abstieg, und zum Glück lässt der Regen bald wieder nach.

Manche freuen sich über den Regen, zum Beispiel diese Stinkmorchel!

Als nächstes versuchen wir im Örtchen Langewiese einzukehren, wo es sage und schreibe drei Restaurants gibt, die alle zu haben. Wie gut, haben wir Sandwiches gekauft! Oberhalb von Langewiese steht direkt am Rothaarsteig ein tipptoppes Schutzhäuschen für die Wanderer. Das nehmen wir gleich in Beschlag für unserer Mittagspause, und schon bald prasselt der Regen aufs Dach.

Warten auf die Regenpause.

Langsam fröstelt es einen bei rund 15° Celsius, und als der Regen endlich nachlässt, marschieren wir weiter durch die schöne hügelige Landschaft, oft wieder entlang von Christbaum-Plantagen. Bald taucht die „Hoheleyer Hütte“ auf, die tatsächlich geöffnet hat. Wir stärken uns mit Cappuccino und Schmandtorte (ich Erdbeer, Christof Mandarine). Wir glauben nun den gröbsten Regen hinter uns zu haben, aber weit gefehlt: Auf den restlichen fünf Kilometern bis nach Schanze (Gemeide Schmallenberg) schüttet es wie aus Kübeln. Wir sind froh, als wir im Hotel ankommen, und noch froher, als wir in der Wetterprognose sehen, dass es morgen und am Freitag trocken sein soll.

Solche Glunggen wollen wir keine mehr sehen!
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